Stirbt die Nikon DSLR ?

Nikon DSLR (digitale Spiegelreflexkamera) ist ein Meilenstein der Kameratechnik und für mich seid gut 20 Jahren ein zuverlässiger Begleiter. Aber was wird aus einem der komplettesten und professionellsten Kamerasystemen am Markt? Im April 2022 hat Nikon einen Blick in ihre Zukunftsstrategie zugelassen. Es war nicht überraschend das die DSLRs ab 2025 keinen signifikanten Beitrag zum Geschäftsergebnis leisten sollen. Was heißt das ?

Nikon digitale Spiegelreflexkamera – Systemstatus

Wenn wir zur Ursprungsfrage „Stirbt die Nikon DSLR?“ zurückkommen, so gibt es von Nikon keine Antwort. Klar, es wäre auch nicht gerade schlau heute zu sagen das 2025 Schluss sein soll mit den Spiegelreflexkameras. Die Gefahr, dass die Umsätze dann sofort rapide fallen, ist zu groß.

Man kann auch nicht behaupten das Nikon das DSLR-System vernachlässigt. Die Lebenszyklen der Kameras sind heute häufig 5 Jahre und mehr, die Technik ist ausgereift und bietet nur noch wenig Spielraum zur Optimierung. Ok, die D850 geht jetzt ins 5. Jahr. 2020 wurde die D6 und D780 auf den Markt geworfen, beide stehen also noch voll im Saft. Dann gab es mit den F1.4E-Objektiven (28mm, 105mm) nochmal ein komplettes Update auf Goldring-Level.

Nikon tut also noch was, Vernachlässigung sieht anders aus.

Nikon DSLR D850 D780 D750 D5 D6 D7
Die Nikon D850 gehört heute noch mit zum Besten was es auf dem Markt gibt

Was treibt Nikon

Die Frage muß man unter einem funktionalen und betriebswirtschaftlichen Aspekt betrachten.

Funktional hat die Nikon DSLR einiges zu bieten was man bei den Spiegellosen noch vergebens sucht. Da ist zum einen ein sehr tolle Sucher der im Gegensatz zum digitalem Schneesturm der Spiegellosen deutlich mehr Spaß macht. Das Objektivsortiment des DSLR-System ist komplett und auf Topniveau, auch hier gibt es im Z-System deutliche Schwächen und der Nikon FTZII-Adapter ist nur eine Notlösung. Die Handlichkeit der Nikon-DSLR ist perfekt, ein Pluspunkt den man nicht missen möchte.

Wo Licht ist, dort gibt es auch Schatten. Bei Gesichtserkennung und Videofunktion hat das Z-System die Nase vorn.

Diese Diskussion ist aber müßig, das Rennen zwischen Nikon DSLR und Spiegellos ist gelaufen. Sony hat die Kameratechnik etabliert und mit klugem Marketing den Fotografen schmackhaft gemacht. Spiegellos ist die Zukunft, daran geht kein Weg vorbei. Genauso wie es Sony nicht gelungen war sich im DSLR Markt zu etablieren, so rennt Nikon heute der Sony mit dem Z-System hinterher. Es geht Nikon darum ihre Stammkunden bei der Stange zu halten. Gelingt das nicht „isch over“.

Und von der wirtschaftlichen Seite? Betriebswirtschaftlich gibt es für Nikon keine Alternative als ein komplett neues System auf dem Markt zu bringen.

Die Nikon-Kunden sind gesättigt. Der DSLR Kunde kauft kaum noch komplette Systeme. Da wird mal die Kamera ersetzt weil die Alte verbraucht ist. Vielleicht auch mal ein neues Objektiv, wobei da geht auch viel im Gebrauchtmarkt. Große Umsatzzuwächse sind mit dem Nikon-DSLR System nicht mehr zu realisieren. Schafft Nikon es nicht ihre Kunden durch tolle Innovationen zu bewegen wieder neu zu investieren, wird es schwer die angepeilten 1-1,5 MilliardenEuro Umsatz zu erzielen. Betriebswirtschaftlich ist das DSLR System für Nikon am Ende.

Die Chance für das Nikon DSLR

Wie klein der Markt durch die Mobiltelefoniefotografie geworden ist lässt Nikon in ihren geplanten Verkaufszahlen durchblicken. Nur noch 490.000 professionelle Kameras pro Jahr sollen verkauft werden. Bei obiger Argumentation werden das vorrangig spiegellose Systeme sein.

Die geringen Stückzahlen an professionellen Kameras könnte aber auch eine Chance für das Nikon DSLR System sein. Auch hier gibt es sicher noch Innovationen die man mit einer Z-Kamera nicht hinbekommt. Mir fällt dabei immer der Hybridsucher ein, so wie er bei Fuji schon zu finden ist. Oder ein anderes Bedienkonzept was viele Fotografen anspricht. Die Nikon DSLR könnte sich dabei in eine spezielle Kamera verwandeln, das Z-System dahingehend das professionelle Massenprodukt darstellen. Gerade im semiprofessionellen Bereich, wo die Enthusiasten einfach eine gute Zeit mit ihrer Kamera verbringen wollen, könnte eine Nische entstehen die für Nikon DSLR spricht. Entwickelt Nikon dort einen tollen Nachfolger für die D6/D850/D780 könnte es vielleicht viele treue Kunden zu einer solchen Kamera hinziehen.

Was macht Nikon

Die Vermutung liegt nahe, das Nikon genau beobachtet wie sich der Kameramarkt entwickelt. Sie haben noch nicht entschieden, wollen aber zur Zeit ihr Überleben mit der Entwicklung eines perfekten Z-Systems sichern. Ob die Nikon-DSLR dann noch in ihr Produktportfolio passt werden wir wohl erst in den nächsten 3-5 Jahren erfahren. Nicht auszuschließen ist, dass Nikon den einen oder anderen Versuchsballon startet und mit hochpreisigen DSLR Kameras um die Ecke kommt die wir uns so noch nicht vorstellen können. Die Zukunft bleibt spannend und ich werde mich erst mal zurücklehnen und abwarten. Bin ich doch mit dem DSLR System gut versorgt und muß mich nicht mit den Kinderkrankheiten des Z-Systems rumärgern.

Es geht schließlich um das Objekt, die Kamera ist nur ein Werkzeug 😉

Links zu Hintergrundinformationen

Warum ich meine Nikon D850 nicht gegen eine Nikon Z7II tausche

Bericht zu Nikons Kamerastrategie im Photografix-Magazin

Tessar 50mm – ein Adlerauge für die Nikon D850

Was nun, Leica SL2 oder Nikon D850

2 replies on “ Stirbt die Nikon DSLR ? ”
  1. Bin etwas schockiert über diesen Paradigmawechsel. es geht doch nur ums neue Geschäft, doch die Fotos der spiegllosen sind nicht besser als die der DSLR, das sehe ich im Fotoclub. Warum soll ich also eine Ausrüstung von 15000 Franken über Bord werfen? Es erschliesst sich mir nicht – es ist nur Marketing

  2. Über ein Jahr später, und umso akuter, weil mir die Z weiterhin gar nichts geben. Obwohl, doch: fallende Preise auf meine Lieblingskameras D3, D750, D850. Ich denke, ich werde mir von jeder noch eine holen, bevor die Preise wieder hoch gehen.
    Ne D700 ist wahrscheinlich schlauer als ne D3, weniger professionell rangenommen,, und ab 300 Euro zu haben… mit dem besten Pixelpitch von allen ! Mittelformat inkl!! Zur Not stitchen, aber was red‘ ich. Der ganze MP-Wahn, sowie dadurch VR/IBIS und ein Menü zum Bersten, steckt völlig fest – gleichzeitig verlernen die Leute Ästhetik und Kunst (wenn sie es überhaupt je vestanden haben).

    Mir solls Recht sein. Back to the roots. Mein Lieblingsobjektiv ist 50 Jahre alt (105, f/2.5 von 1970 ) und alle lieben den Pastell-Look…
    Also, was habe ich genau versäumt mit dem ganzen überteurtem Z-Gedöns? Keine Kamera kann die Hauptarbeit übernehmen, sei es das Recherchieren, das Hinfahren, das Sehen und Fühlen, das Geschichtenerzählen, mit den Models flirten, warten und frieren, oder sich eben die Nächte mit Photoshop um die Ohren hauen. Es gibt keinen Paradigmenwechsel. Ein Foto funktioniert weiterhin identisch so wie immer schon. Defacto ist diese Hyperschärfe, diese Hyperrealität, die kein Geheimnis, keine Unschärfe und Schleier mehr kennt, und mehr sieht als das menschliche Auge allmählich wieder langweilig. Too much… auch fürs Gehirn, weshalb es gar nicht mehr über den Inhalt eines (ruhigen) Fotos nachdenken kann, sondern nur noch förmlich materialistisch sieht. Fatal. Aber die Kids fangen nicht umsonst schon an, die ersten 3 MP Kompaktdigis zum Kult zu erklären.
    Nichts ist langweiliger, als die Wirklichkeit (ausser Werbefotografie vielleicht) – die will keiner sehen!!!!
    Solange das grösste Problem der Leute weiterhin MP, der korrekte Weißabgleich und noch mehr Autofokus ist, solange werden wir jedenfalls von den Marketingabteilungen weiter verarscht. Selbst Leica heut jpgs raus zum davonlaufen. Was ist da los?
    Gute Nachrichten für alle, die im Stilisieren die Hauptaufgabe der Fotografie sehen.
    Philip

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